Flucht aus der Stadt: Wie verändern die hohen Wohnkosten die Schweizer Dörfer?

Hohe Wohnungspreise und ein Mangel an bewohnbarem Wohnraum zwingen immer mehr Menschen, Grossstädte wie Zürich, Bern und Basel zu verlassen. Die Abwanderung aus den Metropolen wird immer spürbarer, wie Daten des Bundesamtes für Statistik belegen. Die Menschen ziehen aufs Land, und dieser Trend nimmt weiter zu. Philipp Koch, Dozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, stellt fest, dass die Städte zwar weiter wachsen, dass aber seit den 1960er Jahren die Bevölkerung vor allem dort zunimmt, wo sich das städtische Leben mit dem ländlichen Raum überschneidet. Diese Bevölkerungsbewegung deutet auf eine Veränderung der Präferenzen der Menschen hin, die mehr Platz und eine bessere Lebensqualität abseits des städtischen Trubels suchen.

Die heutige Landflucht betrifft nicht die malerischen Bergdörfer und Alpentäler, die weiterhin unter der Entvölkerung leiden. Diese abgeschiedenen Ecken der Schweiz, die einst voller Leben waren, leeren sich allmählich, und die lokalen Behörden sind gezwungen, neue Wege zu finden, um Menschen in diese Gebiete zu locken. Um diesem Trend entgegenzuwirken, bieten viele kleine Gemeinden verlockende Bedingungen für neue Einwohner, indem sie eine hohe Lebensqualität mit niedrigen Steuern und anderen attraktiven Anreizen kombinieren.

Dorferneuerung und Einwohnerverdruss

Eines der bekanntesten Beispiele ist das Dorf Albinen im Kanton Wallis, das vor einigen Jahren durch eine einzigartige Initiative auf sich aufmerksam machte. Um das von einer überalterten Bevölkerung geprägte und vom Aussterben bedrohte Dorf wiederzubeleben, boten die Behörden eine grosszügige finanzielle Unterstützung an: 25'000 Franken für Alleinstehende, 50'000 Franken für Paare und weitere 10'000 Franken für jedes Kind. Das Angebot stiess zunächst auf grosses Interesse, und viele Menschen beantragten eilig den Umzug. Doch trotz der verlockenden Konditionen wurde vielen bald klar, dass das Leben in den Bergen eine besondere Ausdauer und Anpassungsfähigkeit an die rauen Bedingungen erfordert. Mit der Zeit ließ der Enthusiasmus nach, und die Herausforderung, das Leben in diesen abgelegenen Gegenden aufrechtzuerhalten, wurde wieder aktuell.

„Vor fünf Jahren verließ ich St. Gallen und zog der Liebe wegen nach Ardès im Kanton Graubünden“, erzählt Stephanie von ihren Erinnerungen. „Hier, umgeben von majestätischen Bergen, fühle ich mich der Natur näher und schlafe viel besser. Doch trotz aller Vorzüge des Lebens auf dem Lande vermisse ich die bunten Bars, die schicken Restaurants und natürlich meine Familie. Mit der Zeit lerne ich, eine neue Dimension in meinem Leben zu finden, indem ich mich an die ländliche Lebensweise anpasse.

Unterdessen löst der Zustrom von Städtern aufs Land bei den Einheimischen gemischte Gefühle aus, für die stille Ecken viele Jahre lang eine Bastion der Ruhe und Abgeschiedenheit waren. Sie sind beunruhigt über die Veränderungen, die die Neuankömmlinge mit sich bringen: zunehmender Verkehr auf einst ruhigen Straßen, steigende Mieten und, was ebenso wichtig ist, der fehlende Wille der Neuankömmlinge, sich in das lokale Leben zu integrieren. Viele von ihnen nutzen das Land lediglich als „Herberge“, arbeiten weiterhin in der Stadt und zeigen kein Interesse daran, eine Verbindung zur ländlichen Gemeinschaft herzustellen. Für diejenigen, die ihr ganzes Leben in diesen Gebieten verbracht haben, kann diese Entwicklung eine Bedrohung ihrer gewohnten Lebensweise darstellen, die wegen ihrer Ruhe und Einfachheit geschätzt wird.

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